Durch die zwölftägige Trauerzeit zeigen die Aleviten ihre Verbundenheit mit Imam Hüseyin, der im Jahre 680 n. Chr. in Kerbela ermordet wurde. Um seinen Leidensweg nachzuempfinden, wird bei der Trauer gefastet und Enthaltsamkeit ausgeübt. Später wurden auch weitere Nachkommen der Prophetenfamilie (ehl-i beyt) von der Omaijadendynastie ermordet. Zu Ehren weiterer Imame wird deshalb zwölf Tage gefastet.
Die beispiellose Widerstandsleistung von Imam Hüseyin gegen die Ungerechtigkeit nimmt in Anatolien bei der Erziehung der Kinder einen großen Platz ein. Imam Hüseyins Widerstand gegen die Ungerechtigkeit bzw. sein Gerechtigkeitssinn wird den alevitischen Kindern in Form von ethischen Maximen gelehrt. Jedes Jahr gedenken die Aleviten dem Martyrium von Kerbela, wobei Yezit und die Seinigen verflucht werden. Sie danken Gott dafür, dass Imam Zeynel Abidin Kerbela überleben konnte und somit die Nachkommenschaft Alis –das Weiterleben des heiligen Wissens - sicherte. Im Gegensatz zu iranischen Schiiten, fügen sich die anatolischen Aleviten im Muharrem keine körperlichen Schmerzen zu, und stellen das Martyrium von Kerbela nicht als Schauspiel dar.


Aleviten setzen Muharrem mit Kerbela, Fasten und Trauer gleich. Das Nachempfinden von Kerbela im Monat Muharrem ist für die Gläubigen einer der wichtigsten Grundpfeiler. Da sich das Fasten nach dem arabischen Kalender orientiert, ist die Fastenzeit beweglich (Beginn: 20 Tage nach dem 1. Opferfesttag). Das Fasten ist keine absolute Pflicht, aber je nach körperlicher Verfassung und persönlichen Umständen beträgt es zwölf Tage. Nach dem Abendessen wird nichts mehr gegessen und getrunken bis nach Sonnenuntergang des folgenden Tages. Das Essen am Abend ist dann sehr einfach und nicht übermäßig, denn die Enthaltsamkeit ist immer der zentrale Punkt.


Es wird nicht geschlachtet und in keiner Form Fleisch verzehrt; man achtet sehr darauf, dass kein Blut fließt. Streitigkeiten werden vermieden, Gefühle anderer werden nicht verletzt, keinem Lebewesen wird Leid zugefügt, auch die Natur wird dementsprechend behandelt (nichts abbrechen, nichts schneiden). Man hält sich von jeglichem Vergnügen fern (keine Hochzeit, Verlobung,usw.). Man flucht nicht, hält sich von Tratsch fern, man lebt in Einvernehmen mit den Nachbarn und anderen Menschen.

Zur Geschichte von Kerbela
 

Kerbela ist eine Stadt im Irak. Für Aleviten jedoch ist Kerbela: Ursprung, Trauer, Widerstand, Hoffnung, Gerechtigkeitsliebe, Ungerechtigkeit.
Imam Hüseyin ist der Märtyrer, der in allen Gebeten, Gesängen erwähnt wird. Sein Name steht für Gebet, Widerstand, Gerechtigkeit und Liebe, denn er ist Maßstab bei diesen Werten. Die Geschehnisse von Kerbela endeten am 10. Oktober 680 n. Chr. mit der Ermordung des Imam Hüseyin und 72 seiner Gefährten seitens der Soldaten des sunnitischen Omaijaden-Führers Yezit. Imam Hüseyin, der Sohn von Kalif Ali und der Enkelsohn vom Propheten Mohammed, lehnte das Kalifat von Yezit (der Sohn von Muaviye), der die Herrschaft über die islamische Welt auf unberechtigter Weise unter seinen Nagel gerissen hatte, ab und unterwarf sich ihm nicht. Nachdem die Bevölkerung von Kufe Imam Hüseyin ihre Unterstützung zugesagt hatte und ihn nach Kufe eingeladen hatte, machte er sich zusammen mit etwa 100 Familienangehörigen und Gefolgsleuten auf den Weg nach Kufe, um die Leitung der Gemeinde von Yezit zu übernehmen, der im Namen des Islams unzählige Verbrechen beging. Als Imam Hüseyin und seine Leute Kerbela erreichten, wurden sie von der Armee Yezits gestoppt. In der heißen Wüste wurden sie tagelang dem Hungertod, vor allem durch Wasserentzug, ausgesetzt. Imam Hüseyin musste letztendlich gegen die zahlenmäßig zehntausendfach überlegene Armee von Yezit kämpfen. Am heißen Mittag des 10. Oktober wurde Imam Hüseyin ermordet, danach wurde mit 72 seiner Familienangehörigen und Gefolgsleuten genauso verfahren.

Asure


Nach 12-tägigem Fasten wird A?ure (Süßspeise) gekocht und als Symbol der Dankbarkeit unter Bekannten, Verwandten und Nachbarn verteilt und gemeinsam gegessen. Aleviten bringen damit ihren Dank zum Ausdruck, dass Zeynel Abidin, der Sohn von Imam Hüseyin aufgrund seiner Krankheit das Massaker von Kerbela überlebte. A?ure ist eine - aus zwölf verschiedenen Zutaten bestehende – Süßspeise. Die Zutaten können variieren, aber sie müssen zwölf an der Zahl sein, denn diese symbolisieren die 12 Imame. Es sind z. B. Weizen, Bohnen, Saubohnen, Kichererbsen, Kastanien, Haselnüsse, Pistazien, Mandeln, Sultaninen, Feigen, Aprikosen und Walnüsse.

 

 

Quelle: alevitentum.de